Emotionale Abhängigkeit

Bist Du auch davon betroffen?

Es ist Samstagabend und sie liegt alleine im Bett und weint. Ihr Partner und sie hatten eine Meinungsverschiedenheit, er ist voller Wut mit dem Auto weggefahren und spricht seither nicht mehr mit ihr. Er macht das häufiger und sie könnte sich bereits daran gewöhnt haben. Trotzdem fällt sie jedes Mal in ein tiefes Loch und fühlt sich verzweifelt, einsam und alleine gelassen. Sie fühlt einen unglaublichen Schmerz, von ihm „getrennt“ zu sein, und die Verlustangst steigt in ihr hoch. Ihr ist selbst klar, dass es dafür objektiv gesehen keinen Grund gibt. Dennoch sind die Gefühle zu mächtig und reißen sie jedes Mal mit. Sie weiß nichts mit sich anzufangen.Der Kontakt zu ihren Freundinnen ist im Laufe der letzten Jahre weniger geworden. So sehr habe sie sich auf ihren Partner fixiert. Sie habe mich sich selbst verloren und erfährt, dass sind typische Anzeichen einer emotionalen Abhängigkeit vom Partner. Zweisamkeit ist schön und als Menschen haben wir ein natürliches Bedürfnis an Zugehörigkeit und Verbindung. Auch in den sozialen Medien wird einseitig die Verbundenheit in einer Beziehung betont. Es entsteht der Eindruck, es ginge nur darum in einer Partnerschaft. Doch auch davon gibt es ein „Zuviel“: Wenn es bis hin zur Selbstaufgabe geht, schadet die übermäßige Nähe. Autonomie und Individualität kommen zu kurz. Und auch die sind wichtig. Im Folgenden erkläre ich dir, wo emotionale Abhängigkeit – im Unterschied zu gesunder Verbundenheit – anfängt und was sie bedeutet.

Was bedeutet emotionale Abhängigkeit?

Emotionale Abhängigkeit ist gegeben, wenn du dich übermäßig auf den Partner und die Beziehung fixierst. Du lebst zu wenig eigenständig und selbstbestimmt. Deine eigenen Wünsche und Bedürfnisse werden ignoriert oder nicht mehr wahrgenommen und auf den Partner projiziert. Der Partner und die Partnerschaft stellen die einzige Quelle für Glück und Lebensfreude dar. Diese einseitige Ausrichtung führt zu einem enormen Druck auf deinen Partner, dich glücklich zu machen.Die Beziehung läuft nicht gut und du bekommst aufgrund von Streit oder Ähnlichem nicht die übliche Zuneigung. Du brauchst diese Zuneigung, um dich bestätigt zu fühlen. Fällt das weg, fällst du in ein tiefes emotionales Loch und dein ganzes Leben fühlt sich schlecht an. Du kannst dich selbst nicht mehr aus diesem Loch heraus regulieren.

Deswegen kommt es oft vor, dass in solchen Verbindungen:
  • eigene Interessen, Hobbies und Freundschaften vernachlässigt werden
  • gegensätzliche Meinungen nicht toleriert und ausgesprochen werden
  • ständig deine Grenzen überschritten werden
  • du dich verbiegst und es selbst nicht erkennst
  • Meinungsverschiedenheiten unter den Tisch gekehrt werden
  • du extrem nachgiebig bist und gerne wieder in Harmonie leben möchtest
  • du deinen Partner in Watte packst und dir jedes einzelne Wort überlegst
  • du seine Mimik, Gesten und Launen scannst, damit du seine Stimmung einschätzen kannst
  • du merkst, dass sich dein Partner nach außen hin stets korrekt und freundlich verhält, du aber, wenn ihr aber alleine seid, ignoriert wirst.

Der einzige Fokus – die Beziehung und dein Partner

Das eigene Leben und wer du außerhalb der Liebesbeziehung außerdem noch bist, gerät aus dem Fokus. Es entsteht das Gefühl, nicht mehr, ohne die andere Person leben zu können. Verstärkt wird es auch dadurch, dass zunehmend Verantwortung an den Partner abgegeben wird: Er fällt Entscheidungen über Geld, Haushalt und Job zusätzlich ist er dafür zuständig, dass du dich gut fühlst. In meinem Beziehungscoaching benutze ich das Bild von zwei Einbeinigen, die einander stützen. Jeder für sich kann keine eigenständige Bewegung mehr machen. Auch im übertragenen Sinn trifft das zu: Es wird keine Entscheidung mehr oder den anderen gefällt.

Emotionale Abhängigkeit ist keine Einbahnstraße. Meistens sind beide Partner voneinander emotional abhängig, nur in unterschiedlichen Formen. Ein unabhängiger Mensch hält es nämlich nicht lange mit einem Co-abhängigen Partner aus. Er wird die abhängige Person als bedürftig und einengend empfinden, zudem als grenzüberschreitend und übergriffig. Er spürt, dass er hier eine Verantwortung tragen soll, die nicht zu ihm gehört. Die viel zu groß für ihn ist, daher wird er sich früher oder später entfernen.

Überanpassung aus Angst nicht gemocht zu werden

Aus Angst, nicht mehr gemocht zu werden, bildet die bessere Hälfte den einzigen Lebensmittelpunkt. Dahinter steht das Gefühl, nicht gut genug und nicht liebenswert zu sein. Sowie die Angst, den anderen zu verlieren. Deswegen richtest du dich permanent nach dem Lebensgefährten aus, um seine Bestätigung zu bekommen. Das sind tiefe emotionale Wunden, die auf die Kindheit zurückgehen. Vor lauter Anpassung an den Partner weißt du nicht mehr, was du selbst willst, und bist nicht mehr du selbst. Leider führt genau das oft dazu, dass du unattraktiver für deinen Mann wirst und er sich entfernt. Worauf du wiederum mit noch mehr Klammern reagierst. Ein Teufelskreis entsteht.

Paare streiten auch, weil die Paarbeziehung für ihn nicht denselben Stellenwert hat wie für sie. Sie fühlt sich vernachlässigt. Doch sie hat sich zuerst selbst vernachlässigt. Hier geht es darum, dass er ein Loch stopfen soll, das sie zuvor geschaffen hat. Indem sie ihr eigenes Leben aufgegeben hat und nun soll er es bitte schön ebenfalls tun.

Die starken Frauen: Auch von emotionaler Abhängigkeit gefährdet

Manchen Frauen treten außerhalb oder vor der Partnerschaft sehr stark und selbstbewusst auf. Das ist keine Garantie, dass ihnen das nicht passiert oder sie nie verletzt werden. Im Gegenteil: Ich glaube, dass viele Frauen auch erst die schmerzhafte Erfahrung machen müssen: eine Beziehung, die nur aus einem „WIR“ besteht, fühlt sich auf Dauer überhaupt nicht so gut an wie „versprochen“.

Was ist emotionale Abhängigkeit nicht?

Emotionale Unabhängigkeit bedeutet nicht, niemals verletzt zu sein vom Partner. Nur weil dir etwas weh tut, bist du nicht gleich emotional abhängig. Es wird passieren, dass ihr euch gegenseitig verletzt, das kommt vor. Es geht nicht darum, unverwundbar zu sein oder dass dir nicht nahe gehen darf, was er tut oder sagt. Das gehört zu einer intimen Beziehung dazu. Schließlich teilt ihr euer Leben miteinander, habt euch geöffnet und damit verwundbar gemacht. Da ist es normal, dass dich ein Streit oder ein böses Wort trifft. Paarbeziehungen bringen viele ungeheilte Verletzungen an die Oberfläche, damit sie angeschaut und geheilt werden können. Damit du daran wachsen kannst. Es ist wichtig, dass du dich in solchen Situationen selbst stabilisieren und regulieren kannst. Das ist lernbar! In meinem Beziehungscoaching können wir näher hinsehen: Was brauchst du, um adäquat auf Verletzungssituationen reagieren zu können, ohne emotional abhängig zu sein?

Was ist der Unterschied zwischen emotionaler Abhängigkeit und Liebe?

Du bist so viel mehr als die Partnerin deines Mannes. Du bist vielleicht kreativ, liebst malen, Tiere oder tanzen. Mit Sicherheit hast du Interessen, die dein Partner nicht teilt. Alle diese Aspekte wollen neben dem Verhältnis zum Partner auch gelebt werden. Sonst schöpfst du nicht dein volles Potenzial aus und lebst dich nicht.

Liebe ist nicht einschränkend, sondern bereichernd. Denke daran, woraus dein Leben bestand, bevor ihr zusammen wart. Wahre Liebe bereichert dein ohnehin schon erfülltes Leben, macht auf und frei. Emotionale Abhängigkeit ist bedürftig, macht eng und zu. Das Leben wird mit der Zeit immer kleiner.

Wahre Liebe sagt…

… ich lasse dich frei, der Mensch zu sein, der du bist. Auch wenn ich nicht alles an dir verstehe, manche Interessen nicht teile und nicht immer deiner Meinung bin. Ich bin neugierig, immer wieder neue Seiten an dir zu erkennen.

Abhängigkeit dagegen sagt: Wenn wir nicht alles teilen, empfinde ich das als Bedrohung und fühle mich verunsichert. Wenn ich unbekanntes an dir erkenne, macht mir das Angst, weil ich das Gefühl habe, nicht die Kontrolle zu haben. Du könntest weggehen. Du könntest dich von mir weg entwickeln. Das will ich um jeden Preis verhindern. Ich möchte dich immer bei mir haben. Dann kann ich meine Angst dich zu verlieren im Zaum halten.

Das bedeutet: wenn du einen Partner hast, der will, dass du dich änderst, ist das kein gesundes Verhältnis.

In einer gesunden Beziehung ist das wichtig: Freiheit

In einer gesunden, glücklichen Beziehung genießt ihr das Zusammensein, weil niemand sich gezwungen oder verpflichtet fühlt. Jeder entscheidet frei. Dadurch bestätigt dir dein Partner immer wieder, dass er mit dir zusammen sein möchte. Weil es kein Muss ist. Du hast keine Angst, den Partner zu verlieren. So kommt die in einer Abhängigkeitsbeziehung hart erkämpfte Bestätigung von ganz alleine und aus freien Stücken. Dadurch ist sie viel mehr wert. Jeder lebt einzelne Aspekte seines Lebens für sich. Wenn ihr zusammenkommt, ist diese Nähe wirklich etwas wert. Ihr habt euch Dinge zu erzählen, die ihr in der Zwischenzeit erlebt habt. Es entsteht Spannung und Neugier auf den anderen. Ein bisschen wie die Magie am Anfang einer Liebesbeziehung, wenn beide begierig darauf sind, den anderen kennenzulernen. Du weißt, wer du in der Beziehung bist und wer du außerhalb davon bist.

Du kannst erst in einer erwachsenen Liebe ankommen, wenn du deinen Partner nicht mehr benutzt, um „Löcher zu stopfen“. Wenn er nicht dafür da ist, deine Bedürfnisse zu erfüllen. Du wünschst dir das, um nie unangenehme Gefühle zu spüren. Aber das ist Bedürftigkeit und Bedürftigkeit ist nicht Liebe. Für ihn fühlt sich das wie Ballast an. Die unangenehmen Gefühle erinnern dich nur an vergangene Verletzungen aus deiner Kindheit. Natürlich erfüllt er manche Bedürfnisse, sonst wärt ihr nicht zusammen. Aber manchmal kann er das nicht. Weil er mit sich selbst beschäftigt ist oder weil es ein altes Bedürfnis aus deiner Kindheit ist. Dieses Verlangen kann ein Partner nicht erfüllen, weil es kindlich ist. Da es aus der Vergangenheit stammt, kann es nicht im heute erfüllt werden. Er wird sich entfernen, weil es ihn unter Druck setzt und er fühlt, dass er dich nicht glücklich machen kann.

Sorge für dich selbst so sorgst du für´s WIR

So bist du aufgerufen, selbst für dich zu sorgen und zu lernen, wie du dir das geben kannst, was du brauchst. Das zu lernen, ist immer wieder ein Thema bei mir im Coaching. Wenn du das kannst, fühlst du dich in dir selbst zu Hause. Du kannst dir eine wärmende Geborgenheit selbst geben.

Das ist nicht nur hilfreich, wenn Streit zwischen euch herrscht. Es wird paradoxerweise auch die Verbindung zu deinem Mann stärken. Dein Selbstwertgefühl ist unabhängig von den Stimmungen deines Partners und seiner Zuwendung, weil du dich selbst stabilisierst.

Die Paarbeziehung erreicht ein völlig neues Level, wenn jeder für sich selbst glücklich ist. Jeder sorgt für sein eigenes Glück. Und wenn zwei erfüllte Personen zusammenkommen, vermehrt das die Lebensfreude und das Glück. Die Beziehung gedeiht und jeder entwickelt sich weiter, für sich und gemeinsam.

Jeder ist ein freier Mensch und ihr habt eine gemeinsame Schnittstelle, an der ihr eure Leben teilt. Es herrscht ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem „Wir“ und dem „Ich“.

Niemals die eigene Identität in einer Beziehung verlieren

Eine intime Beziehung ist immer ein Wechselspiel von Nähe und Distanz. Wir können die Schwingungsweiten verringern, sodass das Pendel nicht mehr so extrem von der einen in die andere Richtung schwankt. Doch es wird immer wieder einmal eine Veränderung da sein, das hält die Liebesbeziehung lebendig. Wenn du versuchst das zu verhindern, wird die Partnerschaft starr. Sie stockt und steckt fest. Niemand entwickelt sich mehr weiter und langsam, aber sicher, wird die Welt immer kleiner. Bis sie schließlich zum Gefängnis geworden ist, das du dir selbst gebaut hast, um dich sicherer zu fühlen.

Doch auch das klappt nicht. Der Versuch, sich einen absolut sicheren und geborgenen Raum mit dem Partner zu schaffen, scheitert an der Realität.

Wie zuviel Nähe der Partnerschaft sogar schadet

Zum einen hält niemand extreme Nähe auf Dauer aus: Derjenige von euch, der das größere Autonomiebedürfnis (oder das geringere Sicherheitsbedürfnis) hat, wird versuchen auszubrechen. Meistens ist das der Mann. Du wirst unattraktiv für ihn, weil es nichts Neues gibt und die Spannung zwischen euch fehlt.

Denn Anziehung, auch sexuelle, entsteht durch den Wechsel von Nähe und Distanz. Es passiert häufig, dass der Sex verloren geht und die Partnerschaft schal und abgestanden wird.

Du hast dich in dem Versuch, ihm nahe zu sein, so sehr selbst verloren, dass du nicht mehr weißt, wer du bist. Du weißt nicht mehr, was du willst, weder in der Beziehung noch außerhalb. Das kann von „Was will ich heute tun?“ bis zu „Wie möchte ich die Wohnung einrichten?“ und „Was möchte ich arbeiten?“ reichen.

Du wirst bedürftig. Das wirkt wiederum sehr unattraktiv auf ihn, denn er bemerkt, dass du nur noch um ihn kreist. Was auch bedeutet, dass du alles Glück und Erfüllung von ihm erwartest. Dieses Problem haben viele Frauen. Er spürt das und ist mit dieser Aufgabe überfordert, denn er kann sie unmöglich bewältigen. Er zieht sich zurück.

Sei kein höriges und unmündiges Kind

Dein Mann ist nie dafür zuständig, alle Bedürfnisse zu erfüllen. Als erwachsener Mensch musst du das selbst tun. Die wichtigste Beziehung in deinem Leben ist immer die zu dir selbst. Und genau die verlierst du durch emotionale Abhängigkeit. Und dann fühlst du dich auch verloren und orientierungslos, sogar mit dem Partner.

Außerdem wächst die Verlustangst noch mehr, anstatt sie durch mehr Nähe in den Griff bekommen zu können. Es passiert also genau das, was du versuchst zu verhindern. So nimmt auch die Fähigkeit, selbst Entscheidungen zu treffen, immer mehr ab. Im schlimmsten Fall verhältst du dich wie ein höriges und unmündiges Kind.

FAZIT: Was ist emotionale Abhängigkeit und was nicht

Emotionale Abhängigkeit ist:

  • du suchst alle Erfüllung, Glück und Lebensfreude in der Beziehung und beim Partner
  • wenn dein Mann anderen Interessen nachgeht, fällst du in ein tiefes Loch
  • es fällt dir schwer zu spüren, was du willst, vor allem wenn es etwas anderes ist, als er möchte

Emotionale Abhängigkeit ist nicht:

  • ein Streit mit deinem Partner berührt und verletzt dich
  • du bist lieber zu zweit als alleine
  • wenn du Probleme hast, sprichst du darüber zuerst mit ihm

Nähe und Distanz sind gleichermaßen wichtig, sie beleben die Verbindung zwischen einem Paar. Verbundenheit und Autonomie sind menschliche Bedürfnisse, die beide in einer gesunden Verbindung Raum haben müssen. Es geht um das Ausbalancieren und darum nicht in ein Extrem zu verfallen, wie die emotionale Abhängigkeit.

Wenn dir das schwerfällt und du glaubst, dass auch du von emotionaler Abhängigkeit betroffen sein könntest, können wir bei einem Coaching näher hinsehen. Wir finden heraus, ob das zutrifft und ich kann dir helfen, deine Bezogenheit auf den Partner zu überwinden.

Seit Jahren beschäftige ich mich intensiv mit Beziehungen und studiere sie. Kombiniert mit meiner 25-jährigen Erfahrung in einer narzisstischen, histrionischen Beziehung lebend, macht mich das zur Expertin für Beziehungsfragen im Bereich toxischer Beziehungen. Ich bin ausgebildete, zertifizierter systemische-lösungsorientierte Coachin und lebe heute in einer sehr glücklichen und erfüllten Beziehung mit meinem Partner auf Augenhöhe. Ich bin mir sicher, dass ich dir in dieser schwierigen Phase behilflich sein kann. Egal ob eine Trennung ansteht oder du eine glücklichere Beziehung haben möchtest, ich begleite dich sehr gerne.

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